Terror im Herzen Europas

Brandenburger Tor

Zum zweiten Mal in diesem Jahr müssen die Menschen in Paris, müssen auch wir im Herzen Europas einen terroristischen und barbarischen Anschlag aushalten. Waren die Anschläge im Januar noch von einem präziseren Vorgehen gezeichnet, so zeigte sich gestern die gesamte Brutalität, zu der Terroristen auch in Europa fähig zu sein scheinen. So willkürlich die Ziele für uns scheinen, so viel Sinn scheinen sie doch aus der perfiden Logik der Terroristen zu ergeben. Und auch dieses Mal lässt uns der gestrige Abend nur mit Leere, Ratlosigkeit und der verzweifelten Frage nach dem „Warum“ zurück.

Die Anschläge sind auch ein erneuter, abscheulicher Weckruf, dass wir in Europa nur stark sind, wenn wir gemeinsam handeln. Wenn wir auch unsere Partner in diesen Prozess einbinden und gemeinsam versuchen, Strategien gegen die Verantwortlichen des Terrors zu definieren. Anders wird sich der IS – der in letzter Konsequenz wohl auch für die gestrigen Anschläge verantwortlich war* – nicht besiegen lassen.

Vielleicht verstehen nun auch die letzten, wovor die Menschen aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak fliehen. Das sind keine Wohlfahrtstouristen – diese Menschen haben berechtigte Angst um ihr Leben. Ein Leben, das nun auch in den Metropolen der freien und westlichen Welt bedroht scheint. Der Terror, den wir nun auch mitten in Europa ertragen müssen, ist dort seit Jahren allgegenwärtig. Die vermutlich gesprengte russische Passagiermaschine, vollbesetzt mit unschuldigen Touristen oder der erst wenige Tage alte Anschlag in Beirut sind nur die aktuellsten Zeugnisse dieses Terrors.

Rücken wir in Europa also noch enger zusammen – es ist die einzige Möglichkeit, die uns bleibt! Zeigen wir den Terroristen, dass wir nicht willens sind, unsere Gesellschaftsordnung zu ändern. Dass bei uns die Freiheit des Einzelnen mehr zählt als das Gebot eines Kalifen oder das Diktat religiöser Fanatiker. Dass bei uns nicht religiöse Bücher den richtigen Weg vorgeben, sondern Gesetze und rechtsstaatliche Verfahren. Dass wir auf Gewalt und Terror nicht mit Hass und Abschottung reagieren. Denn dann hätten die Terroristen ihr Ziel erreicht. Auch in dieser Stunde müssen wir uns auf das Besinnen, was Europa so stark macht:  Miteinander, Toleranz und Solidarität sind unsere Werte – nicht Hass, Gewalt und Terror!

*Wer mehr zum IS und seinem „Bekennerschreiben“ zu den gestrigen Anschlägen erfahren möchte, dem sei folgender Artikel der NYT empfohlen. Der IS unterhält auf der Messing App Telegram einen eigenen Channel, über den er auch schon für den Abschuss der russischen Touristenmaschine Verantwortung übernommen hat. Auch einschlägige IS-nahe Medien haben in der vergangenen Nacht das Bekenntnis des IS zu den gestrigen Anschlägen verbreitet. Auffindbar sind diese mit ein paar Klicks im Netz oder über IS-nahe Twitter Accounts.

Scherbenhaufen Europa

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Die Meldung, die vor ein paar Stunden mitten in die sonntägliche Lethargie geplatzt ist, hat es in sich – Deutschland will wieder Grenzkontrollen zu Österreich einführen. Noch ist über das « Wie» und « Wann» nicht endgültig entschieden, aber alleine die Tatsache der Ankündigung verdeutlicht in tragischer Weise das Versagen der nationalen und europäischen politischen Institutionen in der aktuellen Flüchtlingskrise. Der Schengenraum und die Dublinvereinbarung sind damit endgültig Makulatur. Ein System kollabiert, das scheinbar nicht robust genug war, die aktuelle Krise zu meistern. Das aber hätte genau Aufgabe von Politik sein müssen: Ein System zu installieren, das auch in rauem Fahrwasser noch leistungsfähig ist. Ein Regenschirm, dessen Qualität man nur von seinen Eigenschaften bei Sonnenschein und Windstille ableitet, kann sich schon bei einem kleinen Schauer als vollkommen ungenügend erweisen. Gleiches müssen wir nun in Europa erleben mit dem Unterschied, dass die Konsequenzen weitaus dramatischer sind als ein nasses Haupt.

Was wir für unseren Kontinent brauchen, sind wieder überzeugte Europäerinnen und Europäer. Menschen, die zu Europa stehen und eine europäische Integration auch in unpopulären Zeiten verteidigen und weiterführen. Wir hatten diese Charaktere in der Vergangenheit – vor allem zu Beginn des europäischen Integrationsprozesses. Seit einigen Jahren ist allerdings wieder eine Tendenz zur Nationalisierung erkennbar. Zu lange hat auch Angela Merkel die Dinge laufen lassen; im Glauben, dass sich das Problem schon alleine richten werde. Alle Augen waren auf Griechenland gerichtet, den aufkommenden Sturm im Hintergrund wollte keiner sehen – das Wort „merkeln“ beschreibt die Haltung hier ziemlich gut. Leider ist es mit überzeugten Vorkämpfern für unseren Kontinent im Moment nicht weit her – im Gegenteil: In Ungarn regiert ein «Demokrat», den man in anderen Regionen der Welt wohl « Despot» schimpfen würde und auch in vielen anderen Ländern Europas ist die Bereitschaft zur gemeinsamen Anstrengung nicht wirklich erkennbar.

Es ist traurig und erbärmlich zu sehen, dass nun die Not anderer Menschen dafür herhalten muss, die Flüchtlingshilfe zu diskreditieren. Hört auf, Leid und Armut gegeneinander auszuspielen. Ja, es gibt und es gab auch in Deutschland Armut und Menschen, die unverschuldet von Armut betroffen sind. Das ist aber zum einen kein neues Phänomen und zum anderen kein Grund, nun Flüchtlingen nicht helfen zu wollen. Nur gemeinsam können wir diese Herausforderung meistern. Warum sehen wir nicht die Chancen, die sich durch die Flüchtenden ergeben? Weite Teile Europas sind von einem demographischen Wandel betroffen, dessen Folgen sich nur durch Zuwanderung überhaupt einigermaßen abfedern lassen. Wenn wir auch weiterhin in einem Staat leben möchten, der ein solch hohes Maß an sozialen Leistungen garantiert, wie das im Moment in Deutschland der Fall ist, sind wir zwingend auf diese Menschen angewiesen.

Und vergessen wir eines nicht: Auch unsere Vorfahren in Europa sind ausgewandert, weil sie auf dieser Seite des Atlantiks keine Perspektive mehr gesehen haben oder weil – wie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts – Krieg und Vertreibung das Leben vieler Menschen bestimmt haben.

Der dauernde Krieg

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In diesen Tagen jähren sich zum ersten Mal die Ereignisse des Euromaidan und die Zuspitzung, welche in einer übereilten Flucht des ehemaligen Präsidenten der Ukraine, Wiktor Janukowytsch, mündete. Gerade einmal vier Wochen später wurde die Krim von Russland annektiert – der weitere Verlauf des Konflikts mit den bis heute anhaltenden Kämpfen im Donbas sind hinlänglich bekannt. Die USA überlassen Europa in diesem Konflikt (noch) die uneingeschränkte Vormachtstellung. Besser muss man vielleicht sagen: Nach anfänglicher offensiver Einflussnahme halten sich die USA (zumindest nach außen) bemerkenswert zurück. Europa allerdings vermag es nicht, als handlungsstarke Regionalmacht mit klaren Zielvorstellungen aufzutreten. Das liegt nicht unbedingt an einer fehlenden Geschlossenheit in den eignenen Reihen – wenn man die Länder der EU genauer analisiert, so ist festzustellen, dass diese durchaus die gleichen Ziele verfolgen und nicht aus der gemeinsam abgestimmten Linie ausscheren. Was vielmehr auffällt ist die lavierende und teils ambivalente Vorgehnsweise gegenüber Russland. Da wird auf der einen Seite gedroht, um im nächsten Augenblick durch ein großzügiges Gesprächsangebot alle Zügel aus der Hand zu geben.

Auch das von Merkel, Hollande, Poroschenko und Putin in Minsk unter der Gastgeberschaft des letzten Diktators von Europa ausgehandelte Abkommen war schon Makulatur, da waren die pompösen Hallen des Aljaksandr Lukaschenka noch nicht wieder auf Hochglanz poliert. Die ukrainischen Panzer und jene der Separatisten rollen in der Ukraine genauso weiter wie in den Monaten zuvor. Mit Hilfe des „großen Bruders“ Russland haben die Separatisten in den vergangenen Monaten beachtliche Landgewinne erzielen können und auch die Einnahme von Debalzewe war so nur eine Frage der Zeit – wen schert da schon ein Abkommen zum Waffenstillstand und zum Abzug der Waffen, das man – wohlgemerkt – noch Tage zuvor selbst unterzeichnet hat. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass nicht die Ukraine, der man in diesem Konflikt sicherlich keinen Friedenspreis verleihen kann, sondern die Separatisten die Aufforderung zur Waffenniederlegung vollkommen ignoriert haben. Nicht die ukrainische Armee ist in den vergangenen Tagen gen Osten vorgerückt, es waren die Separatisten, die ihrerseits Delabzewe in Richtung Westen eingenommen haben.

Russland und Putin haben diesem Treiben ohne erkennbare Deeskalationsbemühungen zugesehen. Dabei ist Russland wohl der einzige „Verbündete“, der veritablen Druck auf die Separatisten und somit auch deren weitere Handlungen aufbauen kann. Solange man aber Putin mehr oder weniger gewähren lässt, fördert man damit auch die weitere Eskalation im Osten der Ukraine. Dieser Konflikt ist sicherlich weder allein militärisch, noch alleine durch die direkt beteiligten Parteien zu lösen. Was es braucht, ist ein Ansatz, der sowohl zur Durchsetzung des im Minsker Abkommen vereinbarten Waffenstillstandes vor Ort wie auch zur Deeskalation der politischen Spannungen führt. Die dauerende Einhaltung des Waffenstillstandes kann nur von einer überparteilichen und vor allem von beiden Seiten anerkannten Institution überwacht werden.

Die UN und ihre Firedenstruppen haben sicherlich nicht jeden Konflikt befrieden können, in dem sie bisher eingesetzt wurden, sie sind aber die beste und vor allem  bald einzige Möglichkeit, die für einen friedlicheren Fortgang noch bleibt. Auf poltischer Ebene darf der Druck auf Putin nicht nachlassen – Waffenlieferungen sind hier aber der falsche Weg. Liefert der Westen jetzt Waffen in die Ukraine, macht er sich genauso angreifbar und stellt sich auf die gleiche Stufe wie das sonst so hart kritisierte Russland. Durch Lieferungen von schwerem Gerät würde man von westlicher Seite nur unötigerweise weiteres Öl ins Feuer gießen – noch sind die diplomatischen und sanktionellen Mittel aber nicht vollens erschöpft. Einen Trumpf – den Ausschluss russischer Banken vom SWIFT-Protkoll – hat der Westen noch. Hierbei handelt es sich um ein internationales System, das den Banken weltweit einen sicheren Kommunikations- und Transaktionsverkehr ermöglicht. Ohne SWIFT können die russischen Banken daher international nicht tätig werden. Schon im Falle des Iran hat der Ausschluss den Weg zu substanziellen Verhandlungen massiv beschleunigt. Ein solcher Schritt soll und muss nun auch in diesem Konflikt ernsthaft diskutiert werden. Kaum eine andere Maßnahme würde Russland so sehr treffen und den wirtschaftlichen Druck nochmals massiv erhöhen.

Europa muss aber auch weiterhin an einem Strang ziehen. Interne Kritik, wie jüngst aus Großbritannien verlautet, ist dabei sicherlich erwünscht. Wenn es aber um das Vertreten gemeinsam gefundener Positionen geht, ist der Schulterschluss Europas unabdingbare Erfolgsvoraussetzung. Nur so wird  Europa von Putin überhaupt noch ernst genommen.

Ein kurzer Zwischenruf (vol. 2)

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PEGIDA – Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes – ist also das Akronym der Stunde. Nach eigenem Befinden der bürgerlichen Mitte entsprungen, angeführt von einem vorbestraften Justizflüchtling und mit hehren Zielen in den Gliedern „spazieren“ nun seit mehreren Wochen besorgte Dresdner Bürger durch die Stadt.

Aber haben diese Menschen tatsächlich Angst vor einer zunehmenden Islamisierung? Wo soll diese denn zu erkennen sein? Antworten hierauf bleibt die Initiative schuldig (siehe auch hier). Was PEGIDA bzw. deren Initiatoren aber perfekt beherrschen ist das Spiel mit der Angst der Menschen. Als vor ein paar Wochen HoGeSa in den Blättern dieser Republik noch en vogue war, musste man sich wesentlich weniger Sorgen machen. Obwohl im Kern zum Teil ähnliche Ziele vorhanden sind, werden diese bei PEGIDA wesentlich charmanter und subtiler verpackt – das ist genau das Gefährliche.

Um eines klar zu stellen: Wir haben in Deutschland weder ein Überfremdungs- noch generell ein irgendwie zu bezeichnendes Ausländerproblem. Im Gegenteil: Es ist gerade jetzt unsere Pflicht, als eine der wirtschaftlich stärksten Nationen der Erde, Flüchtlinge und Vertriebene bei uns willkommen zu heißen und Ihnen in dieser schweren Phase ein Stück Sicherheit und Heimat zu offerieren. Was PEGIDA macht ist vielmehr die vorhandenen Ängste der Menschen, die per se gar nichts mit Überfremdung oder dem Verlust der abendländischen Kulturlandschaft zu tun haben, umzudeuten in eine diffuse Ablehnung gegenüber allem Fremden. Hat man erst einmal den vermeintlich Schuldigen für die eigene Situation ausgemacht marschiert es sich relativ ungeniert!

Möchte PEGIDA also tatsächlich europäisch sein, dann sollten sich die Initiatoren zuerst einmal verdeutlichen, für was der Begriff EUROPA denn eigentlich steht. Denn hier geht es im originären Sinne sicherlich nicht um Ausgrenzung oder Abschottung. Europa steht vielmehr für Integration und eine Kultur des Miteinanders. Wenn die Menschen in Dresden und anderswo in der Republik also tatsächlich etwas in bester europäischer Tradition bewegen wollen, sollten sie vielmehr die Flüchtlinge unterstützen, die hier bei uns ankommen. Wie wäre es z.B. einfach einmal mit einem Spaziergang durch Dresden um einer aus Syrien geflohenen Familie die Stadt zu zeigen?

PEGIDA zeigt einmal mehr, dass es Menschen braucht, die sich diesen ausländerfeindlichen Tendenzen entgegenstellen. Wir brauchen in Deutschland Zuwanderung – nicht nur um den Flüchtlingen zu helfen, sondern auch um die Wirtschaft zu stärken.

Schon wieder Politik!

Auf den Tag zwei Monate sind seit dem letzten Post vergangen – viel zu lange. Und es geht nun auch schon wieder um Politik! Wollte ich eigentlich nicht – muss aber noch einmal sein. Der nächste Post wird unpolitisch – versprochen. Aber jetzt zur Sache:

Seit der Europawahl sind nun einige Wochen ins Land gezogen, die Ergebnisse wurden ausreichend analysiert und wie es scheint hat auch Martin Sonneborn seinen Platz im Parlament gefunden. Es wird nun noch um die letzten Posten geschachert und wenn sich die Großen Europas endlich auf einen wählbaren Kandidaten geeinigt haben, wird das politische Europa die nächsten 5 Jahre wieder (zumindest mehr oder weniger) in der Versenkung verschwinden. Wäre da nicht der krasse Rechtsruck, den die Wahl mit sich gebracht hat. Natürlich werden einige jetzt sagen, uns hat es nicht getroffen. Die Engländer, Niederländer, Franzosen und Österreicher müssen sich Gedanken machen. Aber wir?! Wir doch nicht! Dass diese Einschätzung nur in Teilen stimmt, möchte ich an folgendem kleinen Beispiel illustrieren: Heute Mittag wurde ich auf folgen AfD-Tweet aufmerksam:

https://twitter.com/AfD_RheinSieg/status/479379329458401280

Vielen Dank an dieser Stelle an Schlecky Silberstein fürs posten (sollte der Tweet mal gelöscht werden, könnt Ihr ihn auch dort noch sehen)!

Natürlich ist die AfD nur bedingt mit den anderen, meist wesentlich radikaleren, rechten Parteien im neuen Europaparlament zu vergleichen. Und auch dieser Tweet steht natürlich nicht für die generelle Haltung der AfD. Er zeigt aber dennoch auf exemplarische Art und Weise, dass zumindest manche in dieser Partei unsere Zeit anscheinend noch nicht verstanden haben. Auch wenn der Tweet auf den ersten Blick humorvoll anmutet – die tiefere Botschaft ist es sicherlich nicht. Natürlich geht in der AfD (hoffentlich) keiner davon aus, dass in Europa irgendjemand ein Land oder ein Gebiet mehr oder weniger gewaltvoll übernimmt und die bisherigen Einwohner nach einer ordentlichen Zeit der Versklavung ressourcenarme und abgelegene Reservate überlässt. Die tiefere Implikation dieses Tweets ist doch, dass wir uns in Europa „warm anziehen“ müssen, wenn das mit der „unkontrollierten“ Einwanderung so weitergeht. Aber das Gegenteil ist der Fall. Ein stärkeres Zusammenwachsen und eine stärkere Integration in Europa und über die Grenzen Europas hinaus ist essentiell für wirtschaftliches und gesellschaftliches Vorankommen unserer Länder. Die Wachstumsmotoren des 21. Jahrhunderts liegen nicht wie früher vielleicht in materiellen Ressourcen, sondern in der elektronischen Vernetzung und der zunehmenden globalen Integration. Einwanderung ist hierbei ein zentraler Bestandteil! Dass diese nicht unkontrolliert verlaufen darf, ist natürlich klar. Dies passiert aber auch nicht. Gerade wir in Deutschland sind auf qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen. Das sind wir übrigens mit einigen Ausnahmejahren seit dem 2. WK. Deutschland hat in der Vergangenheit von der Einwanderung profitiert und wird dies auch in Zukunft tun. Die Geister, die vor jeder Wahl und auch sonst in gepflegter Regelmäßigkeit geweckt werden, muss man doch nochmals mit einem vernünftigen Blick hinterfragen.

Daneben gibt es natürlich auch noch humanitäre Gründe mehr Einwanderung zuzulassen (wohlgemerkt: von steigenden Asylanträgen in Deutschland spricht der Tweet nicht). Was spricht dagegen, dass wir als wirtschaftlich extrem starke Region in Europa nicht noch mehr für die weltweit über 50 Millionen Flüchtigen tun? Die Ressourcen dazu hätten wir.

Es ist Wahlkampf! Schon gemerkt?!

Bild_NSDAP_CDU

Habe heute Abend dieses Foto mit folgender Bildunterschrift in meinem Facebook-Newsfeed gefunden: „Es ist ein absolutes Unding, dass Wahlplakate dieser Art wieder in Deutschland hängen und sich keiner daran stört. Unfassbar, dass diese Art von Populismus bei vielen Menschen heutzutage wieder gut zu funktionieren scheint.“ Nenne an dieser Stelle bewusst nicht den Namen, denn es soll hier nicht um persönliche Diffamierungen – sondern wie immer im Leben – um das große Ganze gehen.

In ein paar Wochen dürfen wir also wieder wählen. Diesmal für Europa und, zumindest in BaWü, auch für die Kommunen und Gemeinden. Es ist richtig, dass auch in meinen Augen die Wahlplakate nicht gerade vor Kreativität strotzen. Der obige Vergleich ist dennoch völlig deplatziert. Die CDU ist eine durch und durch demokratische Partei, die in den vergangenen Jahrzehnten sehr viel für unser Land getan hat. Ohne die CDU könnte mein Facebook-Freund heute (vielleicht) gar nicht in seinem behüteten Kämmerlein sitzen und solch einen Post in die Welt schicken. Die NSDAP war das nicht. Die Intentionen der beiden Parteien unterscheiden sich also grundlegend. Auch hat die CDU in der Vergangenheit gehalten, was sie auch für die Zukunft verspricht (Arbeit und Wachstum zu schaffen) – die NSDAP nur sehr bedingt und mit Folgen, die sicherlich keiner von uns erleben möchte.

Die brandgefährliche Nazikeule

Dass Nazivergleiche schnell nach hinten losgehen, dürfen aktuell gerade Politiker jeder Fa­çon erleben. In diesem Fall entbehrt er jeder Grundlage – und ist sogar gefährlich. Die CDU und die NSDAP sind schlicht nicht zu vergleichen. Wenn wir anfangen hier Parallelen zu suchen, diffamieren wir nicht nur die Parteien sondern die Demokratie an sich. Empörung ist erwünscht, hier möchte ich nicht falsch verstanden werden, aber vor den angesprochenen Vergleichen sollten wir uns hüten. Die PARTEI in Karlsruhe hat gezeigt wie das gehen kann – auf gewohnt sarkastische Weise: einfach hier klicken (auch dieser Link wurde von einigen meiner Facebook-Freunde geteilt). Wenn wir aber anfangen legitimierte und demokratisch gewählte Parteien in Ecken des undemokratischen und nationalsozialistischen zu stellen, laufen wir Gefahr die politische Lethargie einiger zu nutzen und bieten somit Nährboden für populistische Parteien. Am Ende kann also die Kritik am angeblichen Populismus der etablierten Parteien genau das unterstützen, was man ja eigentlich verhindern wollte – Populismus zu fördern.

Warum immer nur reagieren?

Was mir bei meinem täglichen Facebook-Newsfeed-Studium auffällt, ist die zunehmende Gemütlichkeit und mangelnde Differenzierung meiner Freunde. Man reagiert gern und gepostet ist schnell. Man schimpft auf die Regierung (Gründe gibt es immer – aktuell den Top-Platz belegt Mr. Snowden) oder auf die Medien (alles Lügen in der Ukraine und so). Facebook macht es einem ja auch leicht. Was besorgt macht ist die starke schwarz-weiß Malerei. X gut, Y böse. Punkt. Dass die Welt nicht so ist, weiß natürlich jeder. Aber warum die Mühe machen in einem flotten Facebook-Dreizeiler. Was wir aber brauchen sind junge (und natürlich auch ältere) Menschen die sich engagieren. Die in die Parteien, Vereine und Organisationen gehen und ihre Stimme einbringen und versuchen unser Land zu gestalten. Wenn das besser gelingt, sitzt bei der nächsten Wahl vielleicht ein kreativeres Köpfchen vor dem Rechner und überlegt sich einen Wahlkampfslogan für die CDU.

Von guten Europäern. Und Anderen.

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In Ungarn wurde gewählt. Letzten Sonntag. Gar nicht mitbekommen? Nicht schlimm. Das ging vielen so. War ja auch einiges los im Europa der letzten Tage und Wochen. Das heißt aber nicht, dass die Wahl nicht wichtig gewesen wäre – auch und gerade für Europa. Daher ein kurzer Rückblick: Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei haben gewonnen. Das dürfte selbst die größten Nachrichtenverweigerer der letzten Jahre nicht sonderlich überraschen. Zusammen mit der KDNP, einer zunehmend nationalistischen Partei am rechten Rand, kann Orbán, auf den Sitz genau, die nächsten Jahre wieder mit einer Mehrheit von 2/3 aller Sitze regieren. Wie bisher kann sich das restliche Europa auch in Zukunft auf die ein oder andere Verfassungsänderung einstellen – und die dürften sicherlich nicht allen gefallen westlich der Donau.

Die Demokratie hat gesiegt und Europa verloren?

Aber die Wahl war doch demokratisch sagen jetzt bestimmt einige. Alles in Ordnung also? Nicht ganz. Ja, die Wahl war demokratisch. Das ungarische Volk hat gewählt – wenn auch nur sehr eingeschränkt (Wahlbeteiligung: gut 64%). Das Problem ist ein anderes und Ungarn ist nur ein kleiner Teil des Problems. Natürlich ist es Orbáns gutes Recht mit seiner Partei und seinem Bündnis für möglichst viele Stimmen zu kämpfen. Dass am Ende eine 2/3 Mehrheit herauskommt ist in einer Demokratie sicherlich nicht wünschenswert, aber nun einmal Realität. Die Deutschen können seit September ihre eigenes Lied davon singen. Beunruhigender ist da schon, dass Orbán seine Macht und seine Verantwortung bisher nicht unbedingt dazu genutzt hat Ungarn näher an die EU zu binden. Das Gegenteil war der Fall. Demokratie- und Presserechte wurden eingeschränkt und Brüssel zunehmend die kalte Schulter gezeigt. Eine Abkehr von diesem Kurs ist bisher nicht in Sicht, zumal die nationalen Kräfte in seinem Bündnis durch die Wahl an Einfluss gewonnen haben.

Zukunft Europa! Zukunft Europa?

Die Entwicklungen in Ungarn stehen nur exemplarisch für einen mehr und mehr sichtbaren, eurokritischen Trend in Europa. Früher hieß das mal national – aber das schickt sich ja nicht mehr. Eurokritisch klingt da schon viel besser. Gegen die Bürokraten in Brüssel, gegen die stumpfen Verordnungen – das hat im Moment Konjunktur in Europa. So scheint es jedenfalls. Was dabei nicht nur Orbán übersieht: Es gibt keinen anderen Weg mehr als Europa. Sei dies in der globalen Wirtschaftspolitik, einer europäischen Außenpolitik (man beachte nur die Krim-Krise) oder andere Fragen von internationalem und vor allem globalem Zusammenhang. Kein Land in Europa wird sich im 21. Jahrhundert noch alleine behaupten können. Nur als Kollektiv können wir in Europa unserer Stimme in der Welt gehört verschaffen und so globale Politik gestalten. Natürlich ist nicht alles gut in Europa. Lange nicht. Aber wird es besser dadurch, dass wir uns wieder in unser Schneckenhaus zurückziehen und versuchen unser „eigenes Ding“ zu machen? An dieser Stelle sei gesagt: Auf keinen Fall! Auch wenn diese Positionen im Moment wieder en vogue zu sein scheinen, auf lange Sicht können sie keine wahre Alternative bieten. Kurzfristig hat man damit Erfolg – keine Frage. Aber langfristig wirft uns das alle nur zurück. Europa können wir nur zusammen gestalten. Dafür gilt es sich einzusetzen. In der großen Politik, aber auch an der Wahlurne. Am 25. Mai ist dazu Gelegenheit.