Ein kurzer Zwischenruf (vol. 4)

«Die Morde von Mölln und Solingen sind nicht unzusammenhängende, vereinzelte Untaten. Sondern sie entstammen einem rechtsextremistisch erzeugten Klima. Auch Einzeltäter kommen hier nicht aus dem Nichts.» RICHARD VON WEIZSÄCKER - 1993

Wie schon vor einigen Monaten – nach den mörderischen Anschlägen von Paris – gewinnen leider auch in diesen Tagen Worte von Richard von Weizsäcker wieder traurige Aktualität. Was am Samstag in Köln im Vorfeld der OB-Wahl passiert ist, kann einen nur sprachlos zurücklassen. Der Angriff auf die OB-Kandidatin Henriette Reker während eines Kölner Wochenmarkts wurde zwar von einem Einzeltäter ausgeführt. Die Stimmung aus der eine solche Tat geschieht, muss uns aber allen zu denken geben. Hierzu gehört auch der Mut Wahrheiten klar auszusprechen: Ja, PEGIDA sticht bei solchen Taten mit. Direkt natürlich nicht. Aber ein Klima, das Einzelne dazu veranlasst mit einem Galgen durch Dresden zu marschieren bietet auch den Nährboden für radikale Einzeltäter, die ihre Legitimation auch aus der schweigenden Mehrheit ziehen. Natürlich bedeutet das nicht, dass man als Mitläufer die Tat aktiv legitimiert aber schon die bloße passive Duldung ist gefährlich. So entsteht ein Nährboden der diese radikalen Einzeltäter in letzter Konsequenz erst zu ihren Taten motiviert und in dem sie nach der Tat auch noch Bestätigung finden. Ja, es ist genau dieses Gemenge aus AfD-Verzückten, Bachmann-Verstehern und Anderen, die in vermeintlich bürgerlichen Bewegungen unverhohlen ihre Maske fallen lassen und gegen alles Fremde hetzen. Liane Bednarz und Christoph Giese haben hierzu mit «Gefährliche Bürger» ein Buch geschrieben, das genau diese neuen und gefährlichen Tendenzen ergründet (hier mehr dazu).

PS: Henriette Reker hat die gestrige OB-Wahl in Köln mit absoluter Mehrheit im ersten Wahlgang gewonnen. Wünschen wir ihr – neben einer raschen und vollständigen Genesung – eine weiterhin erfolgreiche politische Karriere und das Gewissen, dass der Fluch von rechts nicht siegen muss.

Lesenswert! Die NYT, Russland und die USA

NYT, 5. Oktober 2015

Der ständige Drang nach Veränderung und Modernisierung macht auch vor diesem Blog nicht halt. Daher gibt es ab jetzt – und zukünftig vielleicht sogar öfter – eine neue Kategorie: Lesenswert! Hier möchte ich (wie immer in loser Folge) einige Artikel präsentieren, die meiner Einschätzung nach – wie der Name schon suggeriert – lesenswert sind. Natürlich können auch die Mitschrift der aktuellen KSC-PK oder die neueste pro/contra Flüchtlingshetze (je nach Wetterlage) der BILD lesenswert sein – sind es dann aber meist doch nicht. Die neue Kategorie soll vielmehr Artikel (gerne auch Kommentare, Essays etc.) präsentieren, die aus dem allgemeinen Medienkauderwelsch unserer Überinformationsgesellschaft hervorstechen. Los geht es mit einem Artikel – oder besser Faktencheck – der altehrwürdigen New York Times vom 5. Oktober (den Original-Artikel gibt es hier):

Nachdem sich nun auch Russland als weitere internationale Großmacht in das syrische Kriegsgeschehen eingemischt hat, fühlen sich viele ältere Menschen sicherlich in eine andere Zeit versetzt. In eine Zeit, in der das Kräftemessen der USA und der damaligen Sowjetunion in verschiedenen Stellvertreterkriegen zelebriert wurde. Wie damals fliegen auch heute regelmäßig rhetorische Geschütze zwischen den „Partnern“. Einen Unterschied zu damals gibt es aber dennoch: Die Aussagen lassen sich viel besser überprüfen. Genau das macht die NYT im oben angesprochenen Artikel. Anschaulich wird aufgezeigt, wie die russischen Bomber nicht nur Stellungen der ISIS unter Beschuss nehmen, sondern ganz bewusst auch das Assad-Regime durch Angriffe gestärkt werden soll. Nun darf man natürlich nicht vergessen, dass auch die NYT ganz eigene Interessen verfolgt – und diese sind bestimmt nicht anti-amerikanisch. Dennoch gelingt es dem Artikel, die neuesten Entwicklungen im ISIS-Konflikt umfänglich zu beleuchten. Lest also am besten selbst und bildet Euch eine eigene Meinung. Wirklich lesenswert!